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Zur Historie des Amtsgericht Lörrach
Geschichtliches
In der Verfassungsurkunde vom August 1818 schrieb der Großherzog Carl von Baden „Die Gerichte sind unabhängig innerhalb der Grenzen ihrer Competenz.“ Aber noch bis Mitte des 19. Jahrhunderts war die Rechtspflege in den untersten Instanzen den „Ämtern“ und damit der Verwaltung zugeordnet, Beamte der Stadt-, Ober-, und Bezirksämter bildeten die erste Instanz. Liberale Kreise forderten die vollkommene Trennung von Justiz und Verwaltung, die seit 1818 bereits in Württemberg vollzogen war. Die vollständige Gewaltenteilung wurde in Baden erst im Jahre 1857 unter Großherzog Friedrich I eingeführt. In einer Verordnung vom 18. Juli 1857 wurde bestimmt: „Die Rechtspflege der Ämter wird mit dem 1. September des Jahres 1857 von selbstständigen Amtsgerichten ausgeübt.“ 1872 wurde das Kreisgericht aufgehoben und das Amtsgericht erhielt ein eigenes (das heutige) Gebäude zur Nutzung.
Die Nebenstelle des Amtsgerichts
(Bahnhofstr. 4a, Untere Wallbrunnstr. 17-19) diente früher als Hauptpostamt und wurde 1887 von Architekt Johann Grießer-Sutter
erbaut.
Architektonisches
„1865 wurde in der neu angelegten Bahnhofstraße eines der größten Gebäude in
Lörrach erbaut: das Großherzoglich Badische Amtsgericht. Der Architekt ist unbekannt. 1872 wurde die mit dem Amtsgericht baulich
verbundene Hebelschule gebaut. Mit diesen beiden Bauten wurde in Lörrach erstmals auf Renaissanceformen zurückgegriffen. Vorbild
war der Pallazzo della Cancelleria (1483 -1511) in Rom. Beim Bau des Amtsgericht wurde ein aus der Schweiz stammender Sandstein verwendet,
der seit dem Bau des älteren Hauensteintunnels erschwinglich wurde."
(aus „Das Markgräflerland“ 2/02)
„Nachbarlich neben dem Volkschulgebäude, die stattlich edle Frontseite der unteren
Bahnhofstraße zugewendet, ragt monumentalen Stils, groß und schön in drei Stockwerken das Gebäude des Amtsgerichts, aus
dessen umschlossenem Hofraum der Turm des aus rotem Sandstein ausgeführten Amtsgefängnisses trotzig das Haupt hebt."
(aus: Stadt Lörrach, Ihre Entstehung und Gegenwart, 1882)
Eine einfachere Massierung
haben die guten Architekten auch im 19. Jahrhundert beibehalten. Gehen wir in Lörrach nachts durch die Bahnhofstraße und
über den Hebelplatz und betrachten wir die sich im Dunkel viel besser als am Tag zusammenballenden Baublöcke des Bezirksamtes,
des Amtsgerichtes (alter Bau: 1865; Architekt?) und der Hebelschule (alter Bau: 1871/72 von Bezirksbauinspektor Hemberger errichtet), so
sehen wir am zuerst genannten Gebäude eine unruhige ausfahrende Silhouette, an den beiden letzten einen ruhigen geschlossenen Umriss,
der nur vom Mitteltrakt bestimmt und krönend durchbrochen wird. Zugleich bemerken wir an diesen beiden Bauten die Merkmale badischer
Art. Nicht nur in der Streckung wie beim Gymnasium, beim Hirschen usw., wodurch sie sich der Gegend und dem übrigen Wohntyp anpassen,
sondern in der Verteilung von Fenster und Mauerfläche. Beide Gebäude gehören jenem halb romanisierenden, halb
italianisierenden „Ludwigsstil“ an, dem wir in München mit seinen unendlichen kräftigen Bogenfensterfolgen, ja
gestraffter sogar in Berlin (Münze) fast bis zum Überdruss begegnen. Abgesehen davon, dass an den Lörracher Fassaden die
Fenster einen größeren Wechsel in der Rahmung zeigen, was natürlich die Monumentalität im Ganzen einschränkt, sind
sie an sich kleiner gebildet als in München oder Berlin. Das ist nicht allein „provinziell“, keineswegs, sondern je weiter
wir in Deutschland nach Süden kommen, je weiter breitet sich die Mauer, die schlichte Hauswand und damit der Kubus zwischen den
teilenden Gliedern. Die Verwaltungsgebäude haben damit nicht den drohenden Ausdruck von Kasernen oder staatlich gestrafften Macht: Sie
sind Wohnungen des Volkes. Darin zeigt sich der Landescharakter und darin wirkt der Genius Weinbrenners nach. (...) Schon an der Volksschule, am Amtsgericht und an vielen Privatbauten findet sich der Stil zurück
zum Einfachen, Oberbadischen, „Toskanischen“."
(aus „Lörracher Bauen, Arnold Pfister (1938))